Neulich habe ich viel über prophylaktische Freude nachgedacht. Klingt erstmal wie eine Versicherungspolice für gute Laune, ist aber tatsächlich ziemlich genial: Wenn ich in der Grundhaltung „Gutes kommt auf bekannten und neuen Wegen zu mir“ durchs Leben demmel, macht’s einfach mehr Spaß, auch wenn gewiss nicht alles rosig ist.
Unser Gehirn ist evolutionär gesehen ein kleiner Miesepeter: Es erkennt Negatives schneller, bewertet es intensiver und hält es präsenter fest. Logisch, denn seine Hauptaufgabe ist „Überleben sichern“, nicht „Wohlfühloase betreiben“. Das Gute-Laune-Programm läuft eher als Bonusfeature.
Wenn ich mich also prophylaktisch – sprich: vorsorglich – freue, kann ich meinen Fokus sanft verschieben. Wichtig: regelmäßig üben, sonst fällt man schnell in alte Trampelpfade zurück. Ich mache es jeden Abend im Bett, bevor die Äuglein zufallen. So schlafe ich deutlich lieber ein als mit Gedanken an den ganzen Kack in dieser Welt.
Dieser Artikel besteht aus drei Zutaten: Meinem Bestreben, mich nach den Prinzipien des „12 Week Year“ von Brian Moran & Michael Lennington auszurichten, der Initiative von Judith Peters mit dem Blogtoberfest – und jeder Menge prophylaktischer Vorfreude.
Ich sag mal so: Ich freue mich auf die kommenden Wochen. Das Ding wird ausgedruckt, an meinen Arbeitsplatz gelegt, und wenn ich mal wieder nicht weiß, was zu tun ist – ta-da! Inspiration inklusive. Was erledigt ist, ergänze ich hier. Was nicht klappt, wird neu bewertet, ins neue Jahr mitgenommen oder konsequent gelöscht. Ich freue mich jetzt schon auf das, was sich da manifestieren wird. 🙂
Meine 3 wichtigsten Ziele
1. Blogartikel über 2000 Tage Nüchternheit veröffentlichen (am 26.10.)
Am 04.05.2020 habe ich dauerhaft aufgehört, Alkohol zu trinken. Seitdem gehe ich wöchentlich zu Meetings der Anonymen Alkoholiker und habe eine für mich selbst manchmal spannende Entwicklung hingelegt. Diese Geschichte verdient es, geteilt zu werden – nicht aus Stolz, sondern aus Demut. Der Artikel macht vielleicht auch anderen Mut.
2. Meinen Opa besuchen, bevor er ins Heim muss
Dieser Besuch ist zeitkritisch und emotional sehr wertvoll. Solche Momente lassen sich nicht nachholen, und ich möchte die Zeit mit ihm nutzen, solange er noch in seinem gewohnten Umfeld ist. Und lebt…
3. Hausarzt suchen
Seit Juli schiebe ich das vor mir her. Grundversorgung ist essentiell, und ich weiß nicht genau, warum mir das so schwer fällt. Mein Plan bisher: Einfach drei Praxen raussuchen und anrufen. Hat bisher so gar nicht funktioniert. Aber vielleicht hilft die öffentliche Bekenntnis dazu 😀
Persönliches Wachstum & Gesundheit
4. Jeden Montag ins AA Meeting gehen (außer bei ansteckender Krankheit)
In meiner neuen Heimatstadt habe ich ein AA Meeting ins Leben gerufen, da ich mein Stammmeeting nicht mehr außerhalb der Schulferien besuchen kann. Ich lebe damit die 12. Tradition der AA und bin froh und sehr dankbar über die unkomplizierte Unterstützung durch die hiesige Kirchgemeinde und meine vielen AA-Freunde.
5. Wöchentlich eine Runde Yoga machen (Asana oder Mady Morrison)
Mindestens einmal pro Woche, gerade im Herbst/Winter fehlt mir sonst ordentliche Bewegung.
[KW 41: ✅]
6. Alle 2 Wochen Eisbaden gehen (insgesamt mindestens 6 mal bis 31.12.2025)
Der Trick ist, einfach nicht damit aufzuhören! Ich gehe nicht aus gesundheitlichen Gründen Eisbaden, vielmehr ist es für mich jedes Mal ein Battle zwischen mir und meinem Ego. Außerdem werde ich so wunderbar ruhig, wenn ich im Wasser bin. Beim zweiten Mal reingehen ist es oft auch nicht mehr so schlimm, und wenn mein Sohn mitkommt, machen wir auch immer ein kleines Feuerchen. Wichtig: Badelatschen nicht vergessen!
7. Ein inspirierendes Buch lesen
8. 3 Mal aktiv Müll sammeln beim Spazieren gehen
Müllbeutel und Handschuhe zu vergessen sind oft die Gründe, warum ich es nicht mache. Diesmal besser vorbereiten! Inspiriert bin ich durch die Schule meines Kindes, die regelmäßig dazu aufruft, und beim letzten Mal, am 26.09.2025 zum „World Cleanup Day“ hab ich das Gefühl danach, mit Blick auf all die Müllbeutel, sehr genossen.
9. Einen Claim für mich schreiben
Fällt mir ultra schwer. Dieser Punkt fällt wohl unter die Kategorie „better done than perfect“. Challengt mich extrem!
10. Meine Habitwand weiterführen und konsistent nutzen
Ich habe ein Whiteboard, an dem meine täglichen „Wartungsarbeiten“ stehen sowie Dinge, die für die aktuelle Woche relevant sind. Absoluter Gamechanger – darüber müsste ich auch mal einen Artikel schreiben.
11. ScreenZen Streak weiterführen
ScreenZen ist eine App, die mir hilft, achtsamer mit meiner Handynutzung umzugehen. Einige Apps kann ich damit entweder zeitlich beschränken, oder ich muss, je nach Einstellung, einige Zeit warten, bis ich sie öffnen kann, und muss eine Frage beantworten oder eine Rechenaufgabe lösen. Sie basiert bisher auf Spendenbasis und ich kann sie uneingeschränkt empfehlen (unbezahlte Werbung quasi)
12. Screentime auf durchschnittlich 3 Stunden täglich reduzieren
Aktuell bin ich bei etwa 4 Stunden – Zeit, das zu ändern.
13. Nicht zu Instagram zurückkehren
Darüber folgt noch ein ausführlicher Artikel.
Beziehungen & Gemeinschaft
14. Mit Johanna ein langes Telefonat führen
Johanna habe ich in einem Coachingraum kennen gelernt, wo wir uns unheimlich tief, berührend und voller Liebe ausgetauscht haben. Sie hat einen großen Anteil daran, dass ich mich nicht mehr als Zumutung, sondern als Bereicherung für andere Menschen fühle.
15. Mit Mama und Schwester ins Konzert zu „3 Haselnüsse für Aschenbrödel“ gehen
Karten sind schon gekauft. Ich kann den Film ja nicht mehr sehen, aber meine Mama liebt ihn, und ich glaube, gemeinsam mit ihren beiden Lieblingstöchtern diesen Film samt Vertonung durch ein Orchester zu erleben wird ein richtiger Marmeladenglasmoment.
16. Janine & Stephan in meiner neuen Wohnung begrüßen
Und mich endlich richtig für die Umzugshilfe bedanken. Wahrscheinlich gibt es Einhornmuffins und wieder so wundervoll berührende Gespräche, Nähe, Lachen und ein Wohlgefühl, das lange anhält. So dankbar für diese beiden Menschen in meinem Leben <3
17. Heiligabend in Ruhe bei Mama verbringen
Für alle Lasagne machen und einen entspannten Abend genießen. Mein Sohn ist bei seinem Vater und alleine Heiligabend, ohne Hund, muss nicht sein.
18. Silvester nicht zu Hause verbringen
Hier in der Stadt, in meiner Wohngegend, geht es wohl Silvester ziemlich ab. Das muss ich meinem Nervensystem nicht antun. Wo ich sein werde? Keine Ahnung, aber nicht hier.
19. Vanillewaffel auf dem Leipziger Weihnachtsmarkt essen
Der einzige Grund für mich, auf Weihnachtsmärkte zu gehen.
20. Lost Unicorn Society bewerben
Die Lost Unicorn Society ist mein Traum, meine Vision, die ich viel zu lange unterdrückt habe. Sie ist ein raumloser Ort für Menschen auf dem neurodivergenten Spektrum. Ein Ort für Austausch, Inspiration, und vor allem, um ein neues Gefühl von Sicherheit zu erlangen. Denn du kannst dein Nervensystem noch so hart regulieren, wenn du keine neuen Erfahrungen machst, wirst du nicht das erleben, wonach du dich so sehnst – ankommen, innerlich zur Ruhe kommen, dich gesehen fühlen und sicher in deinem Sein.
21. Veranstaltungen in die Lost Unicorn Society einfügen
Dafür muss ich ein Zoom-Abo abschließen. Woher brauch ich noch etwas Klarheit, was das für Veranstaltungen werden. Im Kopf habe ich schon:
Planung/Commitment, ein wöchentlich kurzes Meeting, um die vergangene Woche zu reflektieren und sich auf die neue Woche auszurichten.
Ein Austauschmeeting, wo jeder etwas teilen kann, OHNE dass es Ratschläge gibt. Sortieren beim Kommunizieren ist hier die Devise. Dafür nutze ich die Skills aus 5 Jahren Selbsthilfegruppenerfahrung.
Kreativer Spaß: einfach eine Stunde zusammen kommen, etwas kleines erschaffen, und sich freuen (Zum Beispiel: Jeder hat 10 Minuten zeit, eine Ananas zu malen, und dann zeigen wir die Ergebnisse). Das ist Verbindung und Übung fürs Nervensystem auf spaßigem Niveau.
Monatliches Thementreffen: Einreichungen herzlich Willkommen, offen für jeden, der was Teilen will.
Kreatives & Selbstverwirklichung
22. Blogartikel zu Selbsthilfegruppen schreiben
Der ist schon halb fertig. Ein mir so immens wichtiges Thema, das Ding wird glaube ich sehr persönlich, episch, und lang 😀
23. Blogartikel zu meinen Werten schreiben
Im Kopf schon fast fertig. Neugier, Integrität, Offenheit, Verantwortung, Selbstwirksamkeit.
24. Blogartikel zu meinem Weggang von Instagram schreiben
25. Die Reihe „Neurodivergent verstehen“ um 6 Artikel erweitern
26. 5 Steine bemalen und auslegen
Hab ich während Corona begonnen. Herbst/Winter ist „Hobbyzeit“, und nach einer gewissen Pause finde ich an „alten Hobbys“ manchmal wieder etwas Freude. Irgendwas muss ich ja machen, wenns halb Sechs dunkel ist, es aber noch zu früh zum Schlafen ist, und Kreativität ihren Weg nach draußen bahnen will 😀
27. Die Erinnerungen von Faro verbasteln
Ich musste am 11.04. meinen Hund Faro einschläfern lassen. Die Erinnerungsstücke (Pfotenabdrücke, Schwanzhaare, Fotos) wollte ich zu Karten machen, was ich bis heute nicht getan habe.
28. Es schaffen, einen Origami-Drachen zu falten – ohne auszurasten ✅

29. Meinen Nordlichtgenerator wiederfinden und anmachen
Umzüge sind super dafür geeignet, Dinge zu verlieren. Wo ist der bloß!
30. Entscheidung fällen: Podcast wieder starten?
Pro: Ich habe genug Material. Contra: Ich glaube, keiner will hören, was ich zu sagen habe. Der Aufwand. Die Kosten. Die Zeit.
31. Entscheidung fällen: Newsletter starten – ob und wie?
Pro: Technik etc sitzt alles. Contra: Was kommt da rein? Nerve ich die Leute? Wo kommen die Leser her?
32. Lost Unicorn Society Seite erstellen
Auf meiner Website noch eine schöne Page zu der Community erstellen. Auch hier: Perfektionsmus und Angst lauert hinter jeder Ecke.
33. Kurs zu EFT in LUS integrieren
Ich liebe EFT (emotional Freedom tapping) und will dazu einen kostenlosen Kurs in der Society erstellen. Braucht einen kleinen Hyperfokus, dann wird das sicher schnell erledigt sein.
34. 100 Klicks auf den Blog erzielen
35. Pro Monat 5 Postkarten via Postcrossing verschicken
36. Alle Fenster putzen
37. In der Bibliothek anmelden
38. Auto aufräumen
Den Sommerkram (Schirm etc.) aus dem Auto räumen und durchsaugen.
39. Auto zur Durchsicht bringen
Bin schon 2000 km drüber, ups. Devise: mir nichts aufschwatzen lassen!
40. Vermieter schreiben: Rauchmelder brauchen neue Batterien
41. ChatGPT-Abo kündigen
42. Mit Artistly.ai klarkommen und üben
Damit meine Prompts auch wirklich schöne Bilder generieren.
Bonus
43. Verlieben
No Pressure 😉 (Zur Konkretisierung: Verliebungssubjekt: Mensch, männlich :-D)
Liebe Katarin, du gehst Eibaden??? Hut ab. Ich kapituliere schon, wenn ich beim morgendlichen Kaltabduschen von unten nach oben bei den Füßen angekommen bin. Gutes Gelingen mit all deinen Vorhaben! Liebe Grüße Julia
Hehe ja, dazu bin ich irgendwie spontan gekommen. Ist nicht so krass wie man es sich vorstellt. Aber wenns windig ist, lasse ich es. Meine Mama hat mir sogar richtig tolle Handschuhe dafür geschenkt <3 Am besten einfach im Sommer nicht damit aufhören 😀
Soll natürlich Eisbaden heißen…
Liebe Katarin,
deine Liste berührt mich sehr und ich hoffe, dass du dich für einen Newsletter entscheidest: Den würde ich sofort abonnieren!
Auch auf einige deiner geplanten Veröffentlichungen freue ich mich schon. Und wieso nur habe ich plötzlich Lust auf eine Vanillewaffel?
Ich wünsche dir ein erfolgreiches viertes Quartal 2025!
XOXO
Sissi
Liebe Sissi,
danke für dein Mutzusprechen!
Vanillewaffel muss sein 😉 Der Rest nicht so 😀
Ich musste lachen über den Punkt mit dem Origami-Drachen!
Bei 12 und 13 bin ich auch dabei und die App aus Punkt 11 teste ich heute mal.
Hi Alke, sehr cool! ScreenZen hat sich für mich echt bewährt. Ob das mit dem Drachen klappt, da bin ich selber noch skeptisch 😀
So eine wertvolle Liste! Drachen kann ich nicht, aber Origami-Kraniche könnte ich zeigen 😀.
Ad 31. hab ich ähnliche Überlegungen. Hätte auch schon eine Idee für ein Leadmagnet, um NL-Abonnenten zu bekommen. Nur die Reichweite fehlt mir noch… keine Ahnung, wie ich beginnen soll.🤷♀️
Kraniche mache ich schon lange, wird zu langweilig 😀 Und an dem Drachen scheitere ich seit einem Jahr… Mal sehen ob es klappt 😀
Ja, Newsletter ist echt ne Hürde finde ich. Aber ich weiß auch, es hat viel mit meinen Annahmen zu tun. Am Anfang schreibt man wohl halt einfach für sich alleine…
Liebe Katarin,
sehr persönlich, aber macht Betroffenen sicher Mut und zeigt auch die alltäglichen kleinen Schritte dazu!
Ich finde schon in der Einleitung die „prophylaktische freude“ einen tollen Begriff!!
Liebe Grüsse,
Beate
Liebe Katrin,
wie schön, dass ich über das Blogtoberfest auf deinen Blog gestoßen bin. Auch in meiner Familie sind ADHS und Sucht keine unbekannten Phänomene. Ich feue mich schon auf deinen Blogartikel über 2000 Tage Nüchternheit und auch den, über den Abschied von Instagram (kann mir die Gründe schon denken).
Auch das Eisbaden finde ich aszinierend. Ich fahre im Sommer gerne mit dem Fahrrad zum Badesee. Jetzt überlege ich, ob ich mich nochmal reinwagen soll.
Liebe Grüße, Rita
Liebe Katarin, diese Handy-App interessiert mich ja sehr. Muss ich mir morgen gleich angucken. Ich hab ja für Instagram eigentlich auch eine zeitlich Sperre eingestellt, aber die lässt sich zu leicht umgehen und wenn ich erst rechnen muss, könnte das funktionieren.
Ansonsten muss ich sagen, dass mich deine Liste auch sehr berührt hat. Du kannst superstolz auf dich sein und ich glaube, die Leute wollen schon lesen und hören, was du zu sagen hast. Ich jedenfalls habe deine Liste sehr gern gelesen.
Liebe Grüße
Kerstin
Liebe Katarin, ich liebe den Begriff prophylaktische Freude! Dazu fällt mir sofort ein Zitat von Mari von Ebner-Eschenbach ein: „Und ich habe mich so gefreut! sagst du vorwurfsvoll, wenn dir eine Hoffnung zerstört wurde. Du hast dich gefreut – ist das nichts?“ Auch darüber hinaus haben mich deine Ziele sehr berührt. Herzlichsten Glückwunsch zum bevorstehenden 2000-Tage-Jubiläum! Was für ein gigantischer Sieg! Und die Lost Unicorn Society sieht sehr vielversprechend aus! Viel Erfolg bei deinen Zielen und Grüße von einem weiteren neurodivergenten Hirn 😀 Viele Grüße, Birgit
Liebe Katarin;
das ist ja eine echte „To-WOW-Liste“ – spannend, vielseitig und voller Energie. Ich kann ja den Film „Drei Haselnüsse …“ inzwischen mitsprechen und glücklicherweise gar nicht daran sattsehen. 😅 Für mich schon fast meditativ. Als „Konzert“ stelle ich mir das wirklich GROSSARTIG vor.
Eisbaden – brrrrrr – ich ziehe meinen Hut vor dir.
Die Sache mit dem Commitment ist wirklich strukturgebend, so ist zumindest meine Erfahrung. Ich calle oder telefonieren jede Woche zu einem festen Termin morgens um acht Uhr mit einer Kollegin und Freundin für max. 30 Minuten (inzwischen schaffen wir manchmal sogar 15 Minuten und das ist erstaunlich, weil wir sonst ganze Nächte durchquatschen können), für einen kurzen Wochenplan-Austausch. Das bringt mega viel ins Rollen …
Ich wünsche dir ganz viel Freude bei all deinen Vorhaben und einen wunderschönen Jahresendspurt.
Liebe Grüße
Marion