Manchmal sind es die kleinen Momente mit unseren Kindern, die uns die größten Lektionen über uns selbst und unser Arbeiten lehren. Letzte Woche war so ein Moment – und er hat mit einer Pappkiste, 256 winzigen Feldern und einem 10-jährigen Minecraft-Fanboy zu tun.

Die Geburt eines Projekts

Mein Sohn ist ein riesiger Minecraft-Fan. Nicht nur spielen wir zusammen, er schaut auch deutschen Creatoren wie „Einfach.Gustaf“ zu, dessen Markenzeichen kleine Jukeboxes sind, die man in Minecraft aus Holz und einem Diamant craften, also „basteln“ kann. Bei den Großeltern entdeckte er eine Pappkiste und hatte DIE Idee: „Mama, wir bauen auch so eine Jukebox!“

Klingt süß, oder? Bis mir klar wurde, was das bedeutet: Eine Minecraft-Jukebox hat pro Seite 16 x 16 Felder, die es auszumalen gilt. Das sind 256 winzige Quadrate. Pro Seite. Bei fünf Seiten (ja, den Boden lassen wir offen, pfuh :D)… rechnet selbst.

Der Moment der Wahrheit: Struktur oder Chaos?

Hier stand bzw saß ich vor einer Entscheidung, die mich seitdem beschäftigt: Lasse ich mein Kind einfach anfangen und durch Frustration lernen? Oder greife ich ein und strukuriere das Projekt vor?

Ich entschied mich für Struktur.

Gemeinsam suchten wir passende Filzstiftfarben aus. Ich maß Kiste aus (natürlich nicht 16 cm pro Seite sondern 19 cm, das wäre ja zu einfach gewesen) und bastelte eine Schablone aus Pappe – vier ca 1,2 cm breite Streifen, mit denen wir gleichmäßige Linien ziehen konnten. Wir umwickelten die Kiste mit großem Papier (danke an die Papierrrollen von IKEA) und begannen, die erste Seite anzuzeichnen. Bissl schräg, aber er war zufrieden.

War das übergriffig? Die neurodivergente Perspektive

Diese Frage stelle ich mir ehrlich. Hätte mein Sohn (Autismus-Spektrum) nicht lernen müssen, mit Frustration umzugehen? Hätte ich ihn nicht einfach machen lassen sollen?

Ich frage mich, ob ich ihm was „genommen“ habe, als ich ihm erklärte, wie wir es machen KÖNNTEN. Sei Konsens war mir wichtig für meine Impulse, er war ok damit, und vor allem die ganze Zeit aktiv dabei!

Ich bin selbst neurodivergent. ADHS und Autismus-Spektrum. Das heißt, ich weiß verdammt genau, wie es sich anfühlt, wenn ein Projekt scheitert, bevor es richtig angefangen hat.

Meine Antwort: Definitiv nein.

Klassische Erziehungsratgeber predigen oft: „Kinder müssen durch Frustration lernen.“ Aber diese Ratgeber sind für neurotypische Gehirne geschrieben. Unser neurodivergentes System läuft anders:

  • Wir haben bereits einen höheren Grundpegel an Reizüberflutung
  • Unsere Exekutivfunktionen arbeiten anders – Planung und Struktur sind oft schon im Alltag eine Herausforderung
  • Unsere emotionale Regulation braucht andere Strategien
  • Unser Perfektionismus kann uns völlig lähmen, wenn wir nicht wissen, wie wir anfangen sollen

Warum sollte ich meinem autistischen Kind zusätzliche, vermeidbare Frustration bei seinem Leidenschaftsprojekt zumuten? Er kämpft schon genug – in der Schule, mit sozialen Situationen, mit einer Welt, die nicht für sein Gehirn gemacht ist.

Ich erziehe anders, weil ich’s kann und muss. Also ist das Thema „Übergriffigkeit“ für mich damit durchprozessiert.

Die Magie des Scaffolding (oder: Warum „langweilige“ Vorarbeit uns den Arsch rettet)

Was ich da gemacht habe, hat übrigens einen Namen: Scaffolding. Das ist ein Konzept aus der Pädagogik, bei dem Lehrende ein „Gerüst“ bereitstellen, das Lernende dabei unterstützt, komplexe Aufgaben erfolgreich zu bewältigen, ohne überfordert zu werden.

Aber mal ehrlich: Die meisten von uns denken bei „Vorplanung“ erstmal: „Boah, wie langweilig. Ich will doch endlich loslegen!“

Ich kenne das. Mit ADHS will ich SOFORT anfangen, wenn ich eine Idee habe. Messen? Schablone basteln? Das fühlt sich an wie Zeitverschwendung, wenn die Kreativität gerade fließt.

Aber hier ist der Plot Twist: Diese 15 Minuten „langweilige“ Vorarbeit haben uns Stunden der Frustration erspart.

Anstatt dass mein Sohn nach dem ersten schiefen Strich das ganze Projekt hinschmeißt, können wir jetzt jeden Abend entspannt weitermachen. Die Struktur gibt uns Freiheit, nicht weniger davon.

Er kann trotzdem improvisieren – welche Farbe er wo verwendet, wie er die Details gestaltet. Aber das Grundgerüst steht. Und das bedeutet: Langsamer, aber nachhaltiger. Weniger Drama, mehr Ergebnis.

Was das mit deinem Business zu tun hat

Diese Minecraft-Jukebox ist eigentlich die perfekte Metapher für jeden Launch, jedes neue Angebot, jeden Business-Meilenstein, den du als neurodivergenter Solopreneurin angehst.

Kennst du das?

  • Du hast eine geniale Idee (die Jukebox!)
  • Du siehst das Endergebnis vor dir (das fertige Produkt!)
  • Du willst SOFORT loslegen, Vorplanung ist langweilig
  • Du fängst enthusiastisch an…
  • …und scheitest nach dem dritten Versuch, weil du Schritte übersprungen hast

Mit ADHS: Dein Gehirn springt zwischen 47 verschiedenen Ansätzen hin und her. Du fängst gleichzeitig mit Website, Social Media, Produktentwicklung und Newsletter an. „Strategie ist langweilig, ich mache einfach!“ Spoiler: Am Ende ist nichts fertig.

Im Autismus-Spektrum: Du willst alles perfekt machen, startest ohne klare Struktur und erstarrst vor Überforderung. Der Perfektionismus lähmt dich, weil du nicht weißt, wo du anfangen sollst.

Das Ergebnis: Du schmeißt frustriert alles hin und denkst „Business ist auch scheiße, das lasse ich jetzt.“

Sound familiar?

Ich sehe so viele neurodivergente Unternehmer*innen, die genau deshalb aufhören. Sie sind zu schnell, überspringen die „langweiligen“ Grundlagen und landen im Chaos. Dabei wäre ein bisschen Scaffolding die Lösung gewesen.

Die Jukebox-Methode für dein Business

Lass mich dir zeigen, wie die „Jukebox-Methode“ in deinem Business aussehen könnte:

Schritt 1: Check deine „Farben“ (Skills/Ressourcen) Genau wie wir erst geschaut haben, welche Filzstifte überhaupt da sind:

  • Welche Fähigkeiten hast du wirklich?
  • Wie viel Zeit kannst du realistisch investieren?
  • Was ist dein Budget?

Schritt 2: Miss deine „Kiste“ (Rahmen definieren) Unsere Kiste war 19×19 cm, nicht 16×16. Reality Check:

  • Wer ist deine tatsächliche Zielgruppe?
  • Was brauchst du wirklich für den Start?
  • Was sind deine echten Limits?

Schritt 3: Bau dir eine „Schablone“ (Struktur schaffen) Die Pappstreifen haben uns geholfen, gerade Linien zu ziehen:

  • Welche Tools/Templates brauchst du?
  • In welcher Reihenfolge machst du was?
  • Wie teilst du das große Projekt in kleine Schritte auf?

Schritt 4: Eine Seite nach der anderen (Step by Step) Wir machen nicht alle 6 Seiten gleichzeitig:

  • Welcher Teil kommt zuerst?
  • Was kann warten?
  • Wie feierst du kleine Erfolge zwischendurch?

Das Ergebnis: Du kommst langsamer voran als dein ADHS-Gehirn will, aber du kommst AN. Ohne Burnout, ohne Chaos, ohne dass du das ganze Projekt nach drei Tagen hinschmeißt.

Die „langweilige“ Vorarbeit gibt dir Freiheit – du kannst trotzdem kreativ sein und improvisieren, aber das Grundgerüst steht. So wie mein Sohn seine Farben frei wählen kann, aber die Linien sind gerade.

Der Plan geht auf – auch in deinem Business

Heute Abend werden wir wieder zusammen an der Jukebox sitzen. Mein Sohn möchte das fertige Werk an Gustaf schicken – ein Foto seiner selbstgebastelten Jukebox. Die Vorfreude in seinen Augen ist unbezahlbar.

Und genau diese Vorfreude, dieses „Ich kann das schaffen“-Gefühl – das verdienst du auch bei deinen Business-Projekten. Anstatt dreimal zu scheitern und dann frustriert aufzugeben.

Ich habe gelernt, dass gutes Scaffolding nichts mit Unfähigkeit zu tun hat. Es geht darum, die Bedingungen zu schaffen, unter denen dein neurodivergentes Gehirn erfolgreich arbeiten kann – ohne unnötige Frustration, ohne Burnout, ohne dass du wieder mal denkst „Selbstständigkeit ist auch scheiße, das lasse ich jetzt.“


Du steckst in einem Business-Projekt fest, das sich anfühlt wie 256 winzige Felder ohne Plan?

Als neurodivergenter Solo- oder Sidepreneurin brauchst du manchmal jemanden, der dir hilft, die „langweilige“ Vorarbeit zu strukturieren, damit du später entspannt kreativ sein kannst.

Mit meinem „Projekt Kickstarter“ helfe ich neurodivergenten Unternehmer*innen genau dabei: Wir bauen gemeinsam dein Business-Scaffolding, checken deine „Farben“ und „Kistengröße“ und erstellen deine persönliche „Schablone“ für den Erfolg.

Keine Abnahme der Arbeit, sondern die Struktur für den Erfolg. Langsamer, aber nachhaltiger. Weniger Drama, mehr Ergebnis.

Check es aus und melde dich gerne für ein kostenloses Gespräch an 😉

P.S.: Falls du auch ein Minecraft-Fan bist – wir verstehen uns schon! 🎮